Donnerstag, 23. April 2020

Zuviel Zug macht den Körper bockig


Die Frage, ob Stretching überhaupt etwas „bringt“ ,wird nach wie vor diskutiert. Auch stellt sich die Frage, was man unter Stretching versteht: Ist es das Lockern nach einer Trainingseinheit oder soll mittels eines gezielten Trainings eine Zunahme/Erhöhung der Flexibilität erreicht werden? Beide Ziele können mittels „Stretching“ erreicht werden, allerdings wird das Training je nach gewünschtem Ziel sehr unterschiedlich zu gestalten sein.
Neueste Forschungsergebnisse legen den Rückschluss nahe, dass ein gezieltes Training der Beweglichkeit eine gute Vorbeugung gegen verfrühte Alterserscheinungen darstellen kann und somit in jedem Falle Sinn macht. Doch es gibt auch einige Personen, die am Tag nach einem Flexi-Workout das Gefühl haben, es würde sich verschlechtern statt verbessern. Kann das sein?

Stretching als Abschluss

Man kennt das oftmals nicht sehr beliebte Stretching am Ende eines Work-Outs (nach Step-Aerobic, nach einem Poletraining, als Abschluss eines funktionalen Trainings etc.). Hier streiten sich, wie oben bereits erwähnt, die Geister, ob es überhaupt Sinn macht? Persönlich empfinde ich es als sinnvoll, denn ich merke, wenn es zu kurz gekommen ist oder ich es vergessen habe. Am nächsten Tag fühle ich mich dann „wie vom Bus überrollt“. Dieses Gefühl kann ich durch ein paar Stretching-Übungen am Ende minimieren.
Dieses Stunden-Abschluss-Dehnen hat nicht das Ziel der Zunahme der Flexibilität zum Ziel und kann dies auch nur marginal erreichen. Es dient der Lockerung, der Entspannung und tut (dem einen mehr, dem anderen weniger) gut.

Stretching als eigene Trainingseinheit

Möchte man mittels Stretchings die Beweglichkeit verbessern und bestimmte Ziele erreichen (Spagat, Brücke, etc.), so sind gesonderte, einzelne, eigene Trainingseinheiten notwendig, in welchem ausschließlich die Flexibilität trainiert wird. Grundvoraussetzung ist hier allerdings auch, dass der Körper gut erwärmt in das eigentliche Training startet, denn nur warme Sehnen und Bänder sind flexibel. Das darf man gerne mit einem Gummiband vergleichen. Lege ich es im Winter nach draußen und versuche dann, es in die Länge zu ziehen, reißt es entweder ganz oder es wird porös. Lege ich es in die Sonne, dann ist es weich und flexibel.

Entspannung versus harte Arbeit

Dienen die Dehnungsübungen am Ende eines Work-Outs der Entspannung und Lockerung, dem ruhigen Kursabschluss, so stellt ein gezieltes Training der Beweglichkeit harte Arbeit dar. Dieses Workout ist mindestens so anstrengend wie Krafttraining. Man schnauft manchmal wie eine Dampflok, man kommt mitunter sogar ganz schön ins Schwitzen und man merkt, dass eine Zunahme der Beweglichkeit immer auch vom Zusammenspiel von Kraftanstrengung und Dehnen abhängt.
Am Ende eines solchen Trainings ist man genauso müde und erschöpft wie nach jedem anderen Training auch.

Je mehr, desto besser?

Eben nicht. Was sich aus dem letzten Satz des oberen Abschnitts erschließt ist die Notwendigkeit, dem Körper Regenerationszeit zu bieten. Mittels eines gezielten Flexi-Workouts reizt man den Körper, man verbraucht seine Ressourcen, man triezt und triggert ihn. Danach sollte er sich erhohlen dürfen. So wie in jedem anderen Training auch, findet eine Leistungszunahme streng genommen nicht IM sondern NACH dem Training statt, wenn der Körper zur Ruhe kommen darf und sich – bildlich gesprochen – darüber Gedanken machen kann, was er da gerade durchgemacht hat und wie er das nächste Mal besser damit klarkommt.
Gönne ich dem Körper diese Ruhe nicht, wird er bockig und will gar nicht mehr. Dann riskiere ich Verletzungen, Übertraining oder sogar Rückschritte.

Mit Maß und Ziel

Wer dennoch wirklich jeden Tag stretchen möchte, dem sei ein sinnvoller Trainingsplan angeraten. Ein Tag Rücken und Schultern, am zweiten Tag Becken und Hüfte und am dritten Tag die Beine. Dann von mir aus wieder alles von vorne oder wirklich mal einen Tag Pause machen. Alles andere ist – meiner eigenen bescheidenen Meinung und meiner eigenen Erfahrung nach – unsinnig.


Kollateralschäden

Eine Zerrung ist übel. Eine Zerrung wirft einen um Wochen zurück. Sie ist schmerzhaft und wenn es passiert ist, dann wünscht man sich, die Zeit bitte nur um 10 Sekunden zurückdrehen zu dürfen. Um derartige Kollateralschäden zu vermeiden, ist es wichtig, umsichtig, konzentriert, ausgeruht, tief atmend und überlegt an die ganze Sache heranzugehen.
Kann man einen schlimmen Muskelkater im wahrsten Sinne des Wortes verschmerzen, wächst ein abgebrochener Fingernagel ziemlich schnell nach und heilen auch blaue Flecken binnen ein paar Tagen ab, so hat man von einer Zerrung über Monate was.


Persönliche Empfehlung

Für die Zunahme der Beweglichkeit ist es wichtig, gesonderte Trainingseinheiten durchzuführen. Auch hier benötigt der Körper Regenerationsphasen. Je mehr desto besser ist im Training selten gut und zahlt sich auch beim Flexi-Workout nicht aus. Wenn der Körper müde ist, muss er sich ausruhen können. Gras wächst auch nicht schneller, wenn man dran zieht.

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