Donnerstag, 5. Dezember 2019

Es ist immer der Ausländer schuld – oder: Warum Füße nicht Beine sind


Gleich vorweg: Nein, es geht nicht um Politik und es geht nicht um das, was Einige für gut oder weniger gut erachten. Meine Einstellung zu Menschen, ganz gleich welcher Herkunft, die sich derart gestaltet, dass jeder Mensch die gleichen Rechte hat, solange dessen Handeln auf Anstand, Respekt, Rücksichtnahme und Höflichkeit basiert, tut hier gar nichts zur Sache. Vielmehr geht es um einen Fall aus einem Seminar, der zeigt, wie schnell Missverständnisse entstehen können.

Kurz, klar, knackig und unmissverständlich

Ein Trainer/ eine Trainerin hat die Aufgabe, Sachverhalte so klar und deutlich darzustellen, dass es keine Missverständnisse geben kann, die zu Gefahren führen. Im sportlichen Bereich wie auch bei Seminaren. Hierfür kann der Trainer/ die Trainerin Einiges tun: Klare Ansagen, kurze Sätze, unmissverständliche Formulierungen.
In den Erklärungen für den Sportbereich ist es beispielsweise sinnvoll, eben nicht von „rechts“ und „links“ zu sprechen, wenn man sich nicht sicher sein kann, dass alle Personen die gleiche Ausgangsstellung einnehmen.

Im Sport

Hängt man im Pole-Sport kopfüber an der Stange und der Grippunkt, der einem vor dem Fall bewahrt ist die Wade, so macht es wenig Sinn zu sagen, dass nun das rechte/linke Bein gelöst werden soll. Ist man sich als Trainer nicht sicher, ob alle auf der gleichen Seite gestartet sind, so kann dies unter Umständen die teilnehmende Person in Gefahr bringen. Der kleinste gemeinsame Nenner und das (Körper-)Gefühl sind hier wichtiger. Man bezieht sich also auf das, was die teilnehmende Person selbst spüren kann und formuliert dementsprechend: „Ihr spürt die Wade an der Pole. Diese bleibt in der Figur die gesamte Zeit über an der Pole und stellt Euren Grippunkt dar. Das andere Bein wird gelöst.“ – So sollte sicher sein, dass die teilnehmenden Personen sich nicht in Gefahr begeben.
Man spricht auch nicht vom „rechten“ oder „linken“ Arm/ der Hand, sondern stellt die Bezugspunkte her, die jede teilnehmende Person selbst überprüfen kann: Der innere Arm bleibt an der Stange/ am Hoop. Wobei innen immer die Seite ist, die sich näher am Trainingsgerät befindet.

Missverstehen wollen

Viel Verantwortung liegt also beim Trainer und er/sie kann durch richtige Formulierungen dazu beitragen, dass es keine gefährlichen Missverständnisse gibt. Doch nicht immer ist die Schuld beim Trainer zu suchen. Wer etwas missverstehen möchte, der tut es, da kann sich die andere Person auf den Kopf stellen und mit den Füßen wackeln und es wird sich nichts ändern.

Füße und Beine

In Bayern haben wir manchmal das Problem, dass die bayrischen Füße eben nicht nur die Füße sind, sondern damit das gesamte Bein betitelt wird. Wenn ein Trainer also sagt, dass die Füße gestreckt werden sollen und das auch so meint, eine teilnehmende Person allerdings im bayrischen Verständnis nun das ganze Bein streckt, so ist es nicht dem Trainer/ der Trainerin zuzuschreiben, wenn dadurch wichtige Presspoints/ Grippunkte gelöst werden.

„Ich dachte, Du meinst das Bein!“ – „Nein, ich sprach von den Füßen und habe auch die Füße gemeint.“

Die Erfahrung macht klug oder zumindest umsichtiger

Beim nächsten Mal kann man bereits darauf hinweisen, dass mit Fuß wirklich nur der Fuß gemeint ist und nicht das Bein. Einiges kann man aber nicht vorausplanen oder antizipieren.

Warum sind jetzt immer die Ausländer schuld?

In einem Seminar legte ich einige Ansätze der Kommunikation dar. Unter anderem auch die Aussage, der ich mit sehr gemischten Gefühlen gegenüberstehe, dass angeblich für das, was beim Empfänger ankommen würde, immer der Aussender der Botschaft verantwortlich wäre.
Ich verwendete also das Wort „Aussender“ statt „Sender“ und legte dar, dass ich dem nicht ganz zustimmen könne, weil man meiner Meinung nach nicht immer genau voraussehen könne, was der andere aufnimmt oder versteht, und führte noch ein paar Dinge mehr aus.

Eine teilnehmende Person zeigte deutliche Zeichen des Unmuts auf dem Gesicht und wurde immer unruhiger. Ich sprach sie daraufhin an, ob es hier noch Probleme mit dem Verständnis geben würde oder ob sie anderer Meinung sei? Daraufhin sagte sie, dass die nicht verstehen könne, warum immer die Ausländer verantwortlich wären?

Zunächst wusste ich nicht, wie ich damit umgehen sollte, weil ich überhaupt nicht nachvollziehen konnte, auf was die Person sich bezog. Ich fragte nach, wann ich etwas Derartiges geäußert hätte? Daraufhin sagte mir die Person, dass ich doch selbst vor einigen Minuten gesagt hätte, dass für das, was beim Empfänger ankommen würde, immer der Ausländer verantwortlich wäre.

Ein Missverständnis

Interessanterweise hatten wir vorher die Genese von Konflikten behandelt, die zu einem großen Teil eben aus Missverständnissen entstehen würden und just lieferte uns der Verlauf des Seminars das beste Beispiel dafür. Die Person hatte mich schlicht missverstanden.
Ich betonte das Wort „Aussender“ nochmals ganz deutlich und räumte ein, dass man auch nur „Sender“ sagen könne. Die Person meinte daraufhin, dass es das Wort Aussender ja gar nicht geben könne und sie deswegen der Meinung gewesen wäre, ich müsste „Ausländer“ gemeint haben.

Die gesamte Seminargruppe, mich eingeschlossen, war sehr froh, dass wir dieses Missverständnis im Seminar aus dem Weg räumen konnten, es hätte fatale Folgen haben können (zugeschriebene Ausländerfeindlichkeit etc.).

Bringschuld und Holschuld

Es ist also die Pflicht eines Trainers/ einer Trainerin die Dinge so unmissverständlich wie möglich zu erklären und die Aufgabe der Empfänger, sich bei den kleinsten Unsicherheiten zu melden und rückzufragen, um Gefahren und fatale Folgen ausschließen zu können. Das gilt im Sportbereich wie in der Mitarbeiterführung und in Seminaren.

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