Dienstag, 26. November 2019

Die Krux mit dem Grip – oder: Was tun gegen Winterhaut?



Das Einzige, was uns an der Pole hält (ausgehend von klassischen Oberflächen der Pole wie Edelstahl oder Chrom, teilweise auch Messing) ist die Haut. Aber Haut ist nicht gleich Haut.
Mindestens zweimal im Jahr kennen wir das Problem mit schlechtem Grip. Der Übergang von Winter auf Sommer und die Umstellung von Sommer auf Winter macht auch unserer Haut zu schaffen: Egal welches Hilfsmittel wir benutzen (flüssige Gripmittel, Pads, Wachs etc.), mit dem Halt will es einfach nicht funktionieren.

Ist es im Sommer eine zu feuchte Haut, weil man einfach mehr schwitzt, so quält uns im Winter häufig die zu trockene Haut. Pulverchen und Gripmittel, die die Haut trocken halten sollen, machen es nicht besser. Kein Wunder. Wo keinerlei Feuchtigkeit ist, da kann auch mit Gripmittel kein Halt entstehen.
Wie bei einem Kuchenteig vermischen wir zwar Mehl mit Backpulver, aber die Flüssigkeit, die den Klebeeffekt mit sich bringt, fehlt.

Stimmt im Sommer die Aussage „Vor dem Pole-Training nicht eincremen“ in den meisten Fällen (zumindest, wenn es sich um Lotions mit mehr oder weniger hohem Öl-/Fettgehalt handelt), so kann dieses Vorgehen im Winter die Problematik sogar noch verstärken.

Die Haut muss geschmeidig sein, nicht zu trocken und über genügend Grundfeuchtigkeit verfügen, damit Gripmittel auf ihr haften können.

Da jede Haut anders ist, muss man lange herumprobieren, bis man das passende Procedere gefunden hat. Hier ein paar Tipps, die helfen können:
1.)    Einmal pro Woche ein Ganzkörperpeeling machen, um abgestorbene Hautzellen zu entfernen. Dazu (um Mikroplastik zu vermeiden) einfach 2 Esslöffel Reis in einer Kaffeemühle mahlen und mit Duschgel oder Öl zu einem Brei verarbeiten und einmassieren. Ganz ohne Hilfsmittel geht es auch mit Peelinghandschuhen, die ihr in jedem Drogeriemarkt bekommt.
2.)   Danach großzügig mit einer reichhaltigen Körpercreme/ -milk eincremen (der Bade-Peeling-Eincremetag darf natürlich nicht an einem Poletrainingstag sein.)
3.)   Während des Rests der Woche immer darauf achten, dass die Haut genügend Feuchtigkeit besitzt. Hier helfen Gel-Lotions verschiedener Hersteller, die kaum Öle oder Fette enthalten, wohl aber die Haut geschmeidig machen.
4.)   Die Lotion für die Feuchtigkeit könnt ihr ganz leicht noch „leichter“ machen. Einfach die Hälfte der neuen Packung in eine leere Lotionsflasche füllen und mit Wasser vermengen. So spart ihr bares Geld und die so hergestellte Lotion reicht meist aus, der Haut genügend Feuchtigkeit zu geben, ohne den Grip an der Pole zu behindern.
5.)   Die Häufigkeit der oben genannten Verfahrensweisen müsst ihr selbst austesten. Ich würde nicht häufiger als 1x pro Woche ein Peeling empfehlen, weil es die Haut doch reizt. Ob ihr dann täglich nach der Dusche die leichte Körperlotion verwendet (auch hier gilt die Devise: Weniger ist mehr. Eine walnussgroße Menge reicht normalerweise für den ganzen Körper) oder nur alle 2 bis 3 Tage, kommt auf Euren individuellen Hauttyp an.

Mit diesen Verfahrensweisen habe ich auch im Winter kaum mehr Probleme mit mangelndem Grip.
Viel Erfolg Euch und viel Spaß beim Training.

Freitag, 22. November 2019

Ganzheitliches Training - immer sinnvoll?


Ganz oder gar nicht! – Erst die Verstrebungen bringen die Kraft

Ein Song von Wolfgang Petry, eine Komödie über arbeitslose Stahlarbeiter, die eine Stripgruppe bilden, um ihre Stütze aufzubessern, eine Aussage über (scheinbare) Wahlmöglichkeiten, eine Ansage an die eigene Motivation und vieles mehr.

Ganzheitlichkeit – nur ein inflationär benutzter Begriff?

War es vor kurzem noch das Wort „Wertschätzung“ welches sinnbildlich für alles Gute im menschlichen und sozialen Miteinander steht und stand, so ist es heute die Ganzheitlichkeit. Ganzheitlich ist gut. Ganzheitlich verspricht Erfolg. Ganzheitlich ist intensiv.

Ganzheitlich bedeutet aber auch, alles wahrzunehmen und mit allem umzugehen. Mit den (scheinbaren) Defiziten und den vorhandenen Stärken, mit Deprivationen und Fülle.

Ganzheitliche Beratung

Ganzheitliche Beratung beispielsweise ist mehr als nur die Verordnung eines Medikaments oder einer Vorgehensweise, die Symptome bekämpft. Ganzheitliche Beratung ist nicht nur ein Ratschlag, sie geht tiefer. Ganz gleich in welchem Bereich. Ob es sich nun um einen ganzheitlichen Coachingansatz, oder um ganzheitliches (sportliches) Training handelt, hier wird von allen Beteiligten mehr als nur ein Teilbereich gefordert (und gefördert).

Nach einer klaren Ist-Stand-Analyse, die das Thema definiert, werden die vorhandenen Ressourcen betrachtet, eine Lösung gesucht, verglichen, ob die Lösung zur Person passt, die Strategie der Lösung individuell angepasst und danach gemeinsam umgesetzt. Das Gegenüber wird nicht allein gelassen.

In der Pädagogik beschreibt der ganzheitliche Ansatz analog das Einbeziehen der affektiv-emotionalen Aspekte neben den traditionell kognitiv-intellektuellen Aspekten. Lernen geht eben nicht nur im Kopf vonstatten.

Ein gesunder Ansatz?

Ganzheitlichkeit mit dem Ziel der vollkommenen Gesundheit?

"Gesundheit ist ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und 
sozialen Wohlbefindens und nicht nur das Freisein von Krankheit und Gebrechen." (Definition WHO, 1946)


Geht nicht! Niemand fühlt sich vollständig wohl. Jeder hat sein Päckchen zu tragen und Themen und Herausforderungen, die den Alltag mehr oder weniger mitbestimmen.
Es muss also allen Beteiligten klar sein, dass die Suche nach Ganzheitlichkeit dem Weg der Erleuchtung gleichkommen könnte: Langwierig, schwierig, herausfordernd und nur für wenige zu erreichen.

Na dann kann man es auch bleiben lassen, oder? Also lieber gar nicht als ganz?
Ein ganzheitlicher Ansatz, egal ob im Sport oder in der Beratung ist ein sinnvoller Weg. Angeblich sagte Antoine de Saint-Exupéry einmal:

„Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem Meer.“

So ist es im Sport, so ist es im Berufsalltag. Man kann Aufgaben verteilen, Übungen machen, Trainingspläne erstellen und wird damit auch Erfolg haben. Die Halbwertszeit ist allerdings kurz. Teams müssen (gefühlt) nach jeder erledigten Aufgabe neu angelernt werden, das Körpergefühl im sportlichen Training wird nur leidlich verbessert. Man tut zwar etwas, aber weiß eigentlich nicht warum und wozu, erwartet aber dennoch die erhofften Erfolge.

Was Ganzheitlichkeit verlangt

Ganzheitlichkeit wird in diesem Miteinander aus Trainer/Coach und Gegenüber (im Sport oder Berufsalltag) in aller erster Linie vom Trainer verlangt. Er/sie muss gewillt sein, sich ganz einzubringen. Und zu „ganz“ gehört hier eben auch die Psyche, die Persönlichkeit, der Charakter, die eigenen Emotionen, die eigenen Bedürfnisse, das Wissen um und die Handhabung der eigenen Stärken und Schwächen und die Offenheit.

So lange ein Trainer/Berater/Coach sich selbst nicht ganzheitlich einbringt, kann er dies auch nicht von seinen Teilnehmern und Teilnehmerinnen, von seinen Klienten und Klientinnen oder auch von seinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen verlangen.

Ganzheitlichkeit polarisiert

Wer sich als Dienstleister (in welchem Bereich auch immer) dermaßen einbringt, arbeitet ganzheitlich, was allerdings auch bedeutet, dass er oder sie ganzheitlich Energien nutzt und verbraucht.
Wer sich komplett offenbart und in seiner Tätigkeit aufgeht, lässt das Gegenüber an Überzeugungen, Emotionen und eigenen Werten teilhaben. Das wird polarisieren.
Eine Einstellung, die die eigene Tätigkeit als puren „Job“ bezeichnet, sieht das nicht vor.

Dementsprechend muss nicht nur das Gegenüber auf die Bedeutung der Ganzheitlichkeit vorbereitet werden, sondern der Dienstleister auch.

Ganzheitlichkeit kann nicht immer und überall und in jedem Bereich erreicht werden kann, noch ist diese überall sinnvoll.
Wenn man sich einen Dorn eingetreten hat, so möchte man eine kompetente Person, die diesen Störfaktor professionell und ohne Folgeschäden entfernt. Hier sucht man bestimmt nicht nach einem Menschen, der zunächst einmal grundsätzliche Fragen nach der Lebensgestaltung stellt, um herausfinden zu können, wie dieses „große Unglück“ überhaupt passieren konnte und welchen Anteil an diesem „Unfall“ die geschädigte Person selbst trägt.
So wird der Begriff der Ganzheitlichkeit in einigen Bereichen der Medizin auch verständlicherweise kritisch betrachtet bis abgelehnt.

Hohe Ziele

Im betrieblichen Gesundheitsmanagement hat man als Berater das Ziel, das Wohlbefinden der Teilnehmer und Teilnehmerinnen ganz allgemein und im beruflichen Umfeld zu verbessern. Als Trainer im sportlichen Bereich erwarten Kunden und Kundinnen (sichtbare) Erfolge durch die Inanspruchnahme der Dienstleistung. Der ganzheitliche Ansatz eines Beraters/Coachs verspricht mehr Ruhe, Gelassenheit, Selbstvertrauen und dadurch mehr Erfolg für das Gegenüber.

Grundsätzlich ist es gut, den Menschen mit all seinen Facetten zu betrachten. Die Psychosomatik tut dies schon lange, in dem sie körperliche Erscheinungen mit dem Denken und den psychischen Prozessen verbindet.

Der Prozess

Jede Person, die Ganzheitlichkeit verspricht/ vermitteln möchte/ erreichen möchte, sollte sich darüber im Klaren sein, dass damit ein Prozess angestoßen wird. Es ist kein Schalter, den man umlegt, sondern eine Entwicklung, die gemeinsam gestaltet wird.

Ist man dafür bereit? Möchte man Wege begleiten/gehen, auf denen Steine liegen werden, die Pausen verlangen, die nicht geradlinig sind?
Ganzheitlichkeit ist kein neues Feature oder ein neuer Fitnesstrend.

Es ist schön, wenn man als Sporttrainer den teilnehmenden Personen ein Verständnis für die gesamten Funktionsweisen mitgeben kann, wenn man ihnen hilft, Mechanismen zu erkennen, das Körpergefühl zu verbessern und mehr zu tun als „nur“ zu trainieren. Man muss sich aber auch bewusst sein, dass das nicht von jeder Person gewünscht ist.

Im Betrieb, im betrieblichen Gesundheitsmanagement und in der Unternehmensberatung ist das ähnlich. Manchmal möchte man einfach nur Lösungen haben, ganz bewusst OHNE ein Tiefenverständnis für die Hintergründe.
Wer sich allerdings bewusst auf Ganzheitlichkeit einlässt, der stößt einen Prozess an, der mehr als nur erfolgsversprechend ist.

Es geht immer darum, Begriffe und die damit verbundenen (entstehenden) Ideologien kritisch und vernünftig zu betrachten. Ganzheitlichkeit gehört dazu.

Ganzheitlichkeit in Petto

Ein guter Trainer/ eine gute Trainerin sollte allerdings die Fähigkeit besitzen, ganzheitlich zu agieren. Ganz am Ende darf ich hier kurz auf die gewachsene Verbindung zwischen dem Sportbereich (CrazySports Augsburg) und der Unternehmensberatung (Rebel-Management-Training) eingehen.
Die beiden Bereiche waren schon „immer“ parallel zueinander vorhanden. Erst die Verstrebungen zwischen den beiden Bereichen ermöglichen Ganzheitlichkeit und machen aus den starken Parallelen Schienen, auf denen man metaphorisch den Weg zum Ziel zurücklegen kann. Dann kann aus einem steinigen Weg eine ruhige Fahrt wie auf Schienen werden.

Donnerstag, 14. November 2019

Flexibilität trainieren - Für den Körper UND den Geist


Flexibilität – Die Kompetenz gegen das Altern

Offen für Neues. Neugierig. Wendig. Flink. Aufgeschlossen. Beweglich. Dehnbar. Gelenkig.

Lauter positive Eigenschaften. Die einen beziehen sich eher auf die Einstellung eines Menschen, die anderen eher auf seinen Körper. Beides setzt Training voraus.
In beiden Bereichen verlieren wir unsere Fähigkeiten, wenn wir sie nicht gebrauchen. In beiden Bereichen kostet es Überwindung und Kraft, verloren gegangene Fähigkeiten wiederherzustellen, oder auch nur die Potentiale zu entwickeln.
In beiden Bereichen kann es mit „Schmerzen“ und Missempfindungen verbunden sein, wenn wir uns „dehnen“ müssen. In beiden Bereichen versuchen wir deshalb häufig, uns davor zu drücken. In beiden Bereichen hätten wir gerne die positiven Effekte, die mit Flexibilität verbunden sind.

Flexibilität als Soft Skill

Flexibilität als Berufskompetenz beschreibt die Fähigkeit, sich anzupassen. Dabei spielt die Zeitkomponente eine wichtige Rolle. Je schneller wir uns anpassen können, je direkter wir auf eine Gegebenheit reagieren können, umso besser. Eine flexible Person ist nicht stur, steht dem Wandel aufgeschlossen gegenüber und kommt mit Veränderungen zurecht.
Die negative Seite der Flexibilität ist ein laxer Umgang mit Vorschriften, Regeln und vielleicht auch mit Loyalität. Flexibel ja, verlässlich aber bitte dennoch.

Flexibilität als Hard Skill

Sprechen wir von Flexibilität im sportlichen Bereich, beziehen wir uns eher auf die körperlichen Fähigkeiten. Füße über den Kopf, Spagat, Mittelspagat, Brücke, Bogengang, Schlangenmensch.
Auch hier tut Flexibilität gut. Auch hier kann ein zu großes Maß an Flexibilität Probleme mit sich bringen: Wenn die Muskulatur der (genetischen/ antrainierten) Biegsamkeit keinen gesunden Einhalt mehr bieten kann, dann kann es auf Dauer gefährlich für den Körper werden.

Training der Flexibilität

Beweglichkeit ist eine motorische Grundeigenschaft und Aufgeschlossenheit (geistige Flexibilität) angeboren. Wann geht sie uns verloren?

Nun körperlich betrachtet ist die Frage schnell beantwortet: Zu wenig Bewegung, zu einseitige Bewegungen, der Zwang des Stillsitzens, zu wenig Sport, kein gezieltes Training der Flexibilität plus Alterungsprozess ergibt stocksteifen Menschen.

„Das ist genetisch so! Dagegen kann ich nichts!“ – Diese Aussage kennt man. Stimmt bis zu einem gewissen Grad. Allerdings lässt sich ALLES verbessern, wenn man gewillt ist zu trainieren.

Jedes Training ist dabei ein Ausbrechen aus dem Gewohnten, setzt also schon vor der eigentlichen Übung Flexibilität (nämlich im Kopf) voraus. Flexibilität hier als Wille, sich auf Neues, Unbekanntes, Anstrengendes, vielleicht sogar Schmerzhaftes einzulassen, nicht sofort aufzugeben, es wieder und wieder zu versuchen, auch wenn man es nicht kennt und vielleicht sogar nicht sofort versteht.

Im Sport locken die Ziele und Vorteile und helfen über die Anstrengung und den Schmerz hinwegzusehen: Der Alterungsprozess wird verlangsamt, die Durchblutung verbessert, Verletzungen und Krämpfen vorgebeugt, Verspannungen gelöst, die allgemeine und sportliche Leistung verbessert.
All diese „Benefits“ locken uns und ermutigen uns.

Und wie trainiert man geistige Flexibilität?

Beginnen wir zunächst mit dem Unangenehmen. Wie im Sport auch muss man die geistige Flexibilität trainieren. Wie im Sport setzt das die Bereitschaft voraus, sich auf Neues und mitunter vielleicht sogar Schmerzhaftes einlassen zu wollen. Dabei ist nicht jeder Schmerz ein Schmerz, wir übersetzen dieses neue Gefühl häufig nur als Schmerz, weil es nicht sofort in die Kategorie „Wohlfühlzone-Faktor-Couch“ einzuordnen ist, also ist es doof und schlecht und muss weg.

Die gesunde Mischung macht’s

So wie es auch in sportlicher Hinsicht gilt, eine Hyperflexibilität zu vermeiden, so brauchen wir auch Menschen, die geistig an Werten festhalten und loyal sind. Überzeugungen und Werte sind dabei nicht mit Sturheit und Verbohrtheit gleichzusetzen. Sonst könnte ein stocksteifer Mensch, der keinen Funken Flexibilität besitzt und schon nicht mehr in der Lage ist, sich selbst die Schuhe anzuziehen, ja auch stolz auf diese „aufrechte Haltung“ sein.

Mittwoch, 6. November 2019

Die Kopie darf nur der Anfang sein



Kopieren, Nachmachen – Fake it till you make it?

Diesen Tätigkeiten und Verhaltensweisen stand ich immer schon mit gemischten Gefühlen gegenüber. Ja klar, niemand muss das Rad neu erfinden und natürlich orientiert man sich an Personen, die den Weg bereits gegangen sind und dabei erfolgreich waren. Lernen hat viel mit Abgucken zu tun. Im Sport kann man gar nicht anders: Wie macht es das „Vorbild“, wie kann ich es nachmachen? Genaues Beobachten und Kopieren ist hier sogar erwünscht.
Man stellt (Trainings-)Pläne auf, die von anderen Personen erstellt und für gut befunden wurden, man lässt sich erklären, wie eine Übung/ ein Trick/ ein Move funktioniert und versucht, diesen Erklärungen so detailgetreu wie möglich zu folgen, damit das Ergebnis so aussieht wie die Vorlage. Was also kann daran verkehrt sein?

Was mich daran stört, ist nicht das Verhalten an sich, welches zu Beginn einer neuen Tätigkeit, einer neuen Herausforderung fast immer zu finden ist, sondern vielmehr, dass dies das einzige Verhalten im Repertoire bleibt.
Den zweiten Teilsatz till you make it.“ überlesen viele geflissentlich, Kopieren reicht ja.

Auch im Sport, in der Akrobatik, im Tanz, bei der Erstellung von Trainingsplänen geht es früher oder später darum, den eigenen Weg zu finden, den eigenen Stil zu entwickeln. Nur so kann man unverwechselbar werden, eine Marke kreieren und den Weg finden, der am besten zum eigenen Ego und Körper passt.

Sport und Benchmarking

Auch zu Beginn von Benchmarking steht der Vergleich der eigenen Leistung/ des eigenen Produkts mit Produkten von Mitbewerbern, die „besser“ sind. Am Ende soll allerdings nicht ein Plagiat/ eine Kopie des Besten hergestellt werden. Der Vergleich dient der Analyse, worin die Unterschiede bestehen, der Klärung der Frage, warum man selbst nicht der Beste/Marktführer ist und der Genese von Verbesserungsmöglichkeiten. Soweit die Theorie.

Schein und Anschein

„Hat man vor einer neuen Herausforderung keine Angst, so ist sie zu klein.“ – sagt man. Stimmt in gewisser Weise. In allen Situationen, die uns Angst einflößen, suchen wir nach Sicherheit, nach einem Halteseil, nach Hilfestellung, nach probaten Wegen, die bereits gut ausgetreten sind, damit wir auf diesen den Pionieren einfach nachlaufen können. Wir kopieren Verhaltensweisen, schmücken diese mit dem richtigen Auftreten und Accessoires und hoffen, dass das Gegenüber uns das abnimmt, was wir uns selbst noch nicht glauben.

Das funktioniert sogar körperlich. Mittels des Bodyfeedbacks übermittelt unser Körper unserem Gehirn Signale. Ist das Auftreten entsprechend (groß, stark, stolz, mit Körperspannung, Rumpfstabilität und erhobenem Haupt) so lautet die Rückmeldung: „Kein Grund zur Panik, Besitzer fühlt sich sicher und agiert mit Selbstvertrauen, alles im grünen Bereich.“ Diese Positiv-Verstärkung können wir nutzen. Die Grundhaltung ist das Wichtigste. Das gilt nicht nur im Sport, sondern auch im allgemeinen Berufsleben. Die richtigen Accessoires helfen. Im Sport ist uns klar, dass wir mit Funktionsbekleidung bessere Leistungen erbringen können als wenn wir in High Heels und Wollpullover zum Joggen gehen würden. Im Berufsleben sind es Rhetorik, Kleidung, Visitenkarten und mehr. Die Erscheinung muss stimmen, dann passt meist auch der erste Eindruck.

Wenn der erste Ton erklingt

So agieren wir auch beim Unterrichten von Choreographien und Tanz. Sobald der erste Ton erklingt, muss die Haltung stimmen. Der (imaginäre) Zuschauer/ die (imaginäre) Zuschauerin möchte einen Tänzer/ eine Tänzerin sehen, niemand, der sich seiner Rolle nicht einmal selbst bewusst ist. Hier ist uns klar, dass wir eine Rolle einnehmen. Eine Rolle, die uns hilft, uns größer zu fühlen, Selbstvertrauen aufzubauen und stärker zu werden (mental und körperlich). Und es ist uns klar, dass wir zumindest anfangs „spielen“, weil wir ja keine Tänzer/Tänzerinnen sind.

If you stumble – make it part of the dance

Und wenn dann doch was schiefläuft? Dann muss es gewollt aussehen. Sinngemäß meint das die Zwischenüberschrift. Wenn Du stolperst, lass es so aussehen, als ob es dazugehört.
Genau hier zeigt sich die geringe Reichweite des Ratschlags, zu kopieren und nachzuahmen, bzw. was passiert, wenn man den zweiten Teilsatz einfach negiert. Dann ist man verloren, denn das kopierte Individuum/Unternehmen hat mir ja nur den geradlinigen Weg vorgelebt, nicht den, den ich zu gehen in der Lage sein muss, wenn es mein Weg ist, der vielleicht an manchen Stellen holprig/ steinig und eng ist.
So muss neben dem Kopieren von Bewährten auch gleichzeitig die Suche nach dem eigenen Weg ablaufen. Was kann man aus einem (missglückten) Tanzschritt noch machen? Wie kann man es so aussehen lassen, als ob es gewollt wäre? Nur das Wissen um die eigenen Fähigkeiten offeriert einen Plan B, der mit ebenso großer Eleganz ausgeführt wird, wie der eigentlich angedachte Plan A.

Ein guter Coach/Trainer vermittelt also immer Wahlmöglichkeiten, Alternativen, zeigt Vor- und Nachteile auf und respektiert die Persönlichkeiten, die Vielfalt, das Bunte.

Nur der eigene Stil ist unverwechselbar

Nochmals an dieser Stelle. Anfängliches Nachahmen und Kopieren ist Teil eines ganz normalen Lernprozesses. Anders geht es gar nicht und daran ist nicht Verwerfliches. Ziel muss es allerdings sein, den einen Weg, den eigenen Stil, die eigenen Verhaltensweisen zu erkennen, zu perfektionieren, sie zu entwickeln und so zur unverwechselbaren Marke zu werden.
Das setzt Mühe, Anstrengung, Training, einen guten Coach und einen langen Atem voraus.

Das ist ja anstrengend

Und weil dem so ist, bleiben viele Personen beim ersten Teilsatz und ahmen nach. Aus Selbstschutz (wie manche Tiere), aus Faulheit und Bequemlichkeit, aus Ermangelung eines guten Coaches oder vielleicht einfach, weil sie keinerlei Substanz zu bieten haben? Je besser und selbstverständlicher dabei das Auftreten ist, umso länger kommen diese Personen damit auch durch, manchmal sehr zum Ärger der Urhebers/ der Urheberin.

Nachmacher, Nachmacher

Wir lesen und fühlen uns in die Kindheit und Jugendzeit zurückversetzt. Da wurde allzu offensichtliches Imitieren ganz schnell mit diesem despektierlich quäkenden Ausruf quittiert. Und wir alle verstanden, was damit zum Ausdruck gebracht werden sollte: „Du bist ja langweilig. Dir fällt ja selbst nichts ein. Das hat vor Dir schon jemand anderes gemacht. Das gehört dir nicht. Das passt nicht zu Dir.“ – im schlimmsten Fall trafen alle Aussagen zu.

Ein Nachmacher kann immer nur hinter dem Original bleiben, kann nur reagieren, ist immer eine Spur zu langsam.
Da dies nicht unser langfristiges Ziel sein kann, ist es wichtig, dass wir die Kopie immer nur als Krücke sehen, die uns hilft anfangs, wenn die Beine noch schwach und der Kopf voller Zweifel ist, den Weg zu gehen. So lange, bis wir uns unserer Besonderheiten bewusst sind, die nutzen und sie auf die Bühne bringen.

So versuchen wir es auch im Tanz- und Choreographie-Unterricht den teilnehmenden Personen mitzugeben. Nicht jeder ist gleich flexibel, nicht jeder ist gleich stark, nicht jeder kann auf die gleiche Weise interpretieren. Und das ist gut so. Wir arbeiten gemeinsam am jeweiligen Stil und erkennen an, dass jede Person ihre Einzigartigkeiten hat, die präsentiert werden können und dürfen, sofern die Person das möchte.