Freitag, 16. August 2019

Yoga und Pilates – zwei Seiten einer Medaille?


Betrachtet man Fotos aus Yoga- und Pilates-Kursen so stellt man sich häufig die Frage, wo denn überhaupt der Unterschied bestehen würde, denn dieser ist rein fototechnisch oft nicht oder nur marginal erkennbar?
Die Übungen ähneln sich, die Posen wirken identisch. Sowohl im Yoga, wie auch in Pilatesstunden soll der Körper mit dem Geist gesteuert werden (ist das nicht eigentlich im Alltag auch so?). Gut.
Entspannung. Atmung. Muskelkräftigung und Rumpfstabilität – auch dafür stehen beide Sportarten.

Ausführung

Oftmals kann man lesen, dass Yoga eher der Entspannung dienen solle und Pilates ein Workout wäre. Meiner bescheidenen Meinung nach ist dies falsch. Wer meint, Yoga würde kein Krafttraining sein, der hat es wohl noch nicht praktiziert. Die Entspannung im Yoga (trotz körperlicher Anstrengung) ist das hohe Ziel, welches man wieder fast ein wenig spirituell betrachten kann (aber nicht muss!).
Sowohl Yoga wie auch Pilates trainieren die Rumpfstabilität, die Körperwahrnehmung, das Zusammenspiel von Atmung und Körperarbeit und verbessern somit die Leistungsfähigkeit wie auch die Körperhaltung und tragen zu einem gesteigerten Wohlbefinden bei.

Herkunft Pilates

Joseph Hubertus Pilates lebte von 1883-1967. Seine Lebensgeschichte ist mehr als interessant, sein Konzept zum ganzheitlichen Körpertraining entwickelte er während er zur Zeit des 1. Weltkriegs in Großbritannien interniert war. Er suchte eine Möglichkeit, sich fit zu halten, auch unter den widrigsten Umständen. Seine Mithäftlinge trainierten mit ihm. 1926 wanderte Pilates in die USA aus und eröffnete in einem Gebäude, in welchem sich auch eine Ballettschule befand, sein Studio. So bemerkten auch Tänzer und Tänzerinnen, dass diese Methode des Trainings positive Auswirkungen hat. (Nebenbei bemerkt, kann man sich so auch erklären, warum man beim Pilates die Wahl hat, alles mit gestreckten oder angezogenen Zehen zu machen, während man beim Yoga eher mit einem geflexten Fuß arbeitet).

Herkunft Yoga

Yoga kommt bekanntlich aus Indien und beschreibt im Grunde viel mehr als nur spezielle Körperübungen. Man sagt, die Übungen (Asanas) wurden entwickelt, um für die Anforderungen einer langen Meditation besser gewappnet zu sein, seien also im Grunde nur ein Nebenprodukt des eigentlichen Ziels. Yoga ganzheitlich und manchmal (für westliche Begriffe) auch zu übertrieben ausgeübt, umfasst die Lebenseinstellung im Allgemeinen und stellt eine spirituelle Lehre dar.

Atemtechnik

Ein wesentlicher Unterschied ist beispielsweise bereits in den anzuwendenden Atemtechniken zu sehen, die für beide Kursarten eine wesentliche Rolle spielen. Im Yoga atmet man durch die Nase ein und durch die Nase aus, beim Pilates versucht man durch die Nase ein und durch den Mund wieder auszuatmen, wobei vor allem bei der Ausatmung der Anspannung der Bauchmuskulatur eine gesonderte Rolle zugeschrieben wird.
Zentraler Begriff der Pilates-Atmung ist das „Powerhouse“ – die Körpermitte: Man versucht bei der Einatmung Brustkorb, Flanken und Bauch zu aktivieren und die Ausatmung mit einer zusätzlichen Anspannung des Bauches zu verstärken. Im Yoga gibt die Atmung mehr den Rhythmus anzustrebender Meditationsruhe an.

Die Matten

Ein Unterschied kann unter Umständen die Matte darstellen, auf welcher man die Übungen ausübt. Während man im Pilates eher mit dickeren Gymnastikmatten arbeitet, die weicher sind und mehr nachgeben, begnügt man sich im Yoga mit sehr dünnen Matten, die die Härte des Bodens kaum dämpfen. Auch hier gehen wir pragmatische Wege, denn bei uns wird auch Pilates auf den dünnen Yoga-Matten ausgeübt. Optional bieten wir Schaumstoffpads an, falls man am Anfang ein wenig Probleme hat, mit den Knien auf dem Boden zu sein.

Die Wiederholungszahl

Der – meiner Meinung nach – größte Unterschied der beiden Sportarten ist in der Bewegungsabfolge zu sehen. Während Yoga darauf hintrainiert, Positionen trotz Gemecker des Körpers („das tut weh“ – „das geht nicht“ – „aua“) zu halten und trotz des schreienden Kleinkinds Psyche Ruhe zu bewahren und tiefer zu gehen, arbeitet Pilates eher mit Wiederholungszahlen. Eine Übung wird 8-10 mal je Seite ausgeführt. Der erste Teil der Übung wird mit der Einatmung absolviert, der zweite Teil der Übung mit der Ausatmung. Der Atemrhythmus gibt An- und Entspannung, Bewegung und Gegenbewegung vor.
Im Yoga verharrt man ziemlich häufig in der jeweiligen Position und hält diese für mehrere Atemzüge.

Fazit

Die Erfahrung hat uns bisher gezeigt, dass sehr wenige Personen beide Sportarten mögen. Die Ruhe und Meditation, die geistige Entspannung und das Verharren in den Positionen ist für viele Menschen im Yoga genau das, was sie brauchen. Pilatesliebhaber hingegen ist genau dies ein Graus. Statt innerlich ruhiger zu werden, ist das Aushalten und Verweilen in einer Position ihnen so zuwider, dass während einer Yoga-Stunde auch die Stimmung bis hin zur latenten Aggressivität zu kippen droht.
Eine Sportart sollte immer freiwillig und im Idealfall mit Liebe und Hingabe ausgeübt werden. Insofern ist das für Euch besser, womit Ihr euch eher identifizieren könnt, ob Yoga oder Pilates ist dabei zweitrangig, denn zur Steigerung des eigenen Wohlbefindens eignen sich beide Sportarten.

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