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Events:
Heutzutage ist ja
schon ein Kindergeburtstag ein Event. Irgendwie scheint überall die
Aufforderung inne zu liegen „Man amüsiere mich und zerstreue mich.“ Und wenn
man da mithalten möchte, dann muss man ganz schön was bieten, sei es wenn man
als Show-Act für ein Event angefragt wird, oder aber auch wenn man selbst ein
Event organisieren will.
Es kommt nicht darauf an, was Dir passiert – es kommt
darauf an, was Du daraus machst
Event ist neudeutsch (also
Englisch) und bedeutet eigentlich nur Ereignis. Ein Ereignis ist für uns schon
jedes Training, jeder Workshop, jedes Tanzen mit oder ohne Choreographie. Wir
hängen dem Sport an und nach, weil er uns begeistert, weil er das Highlight der
Woche oder des Tages darstellt, weil er ein Ereignis darstellt. Manche
Ereignisse verlaufen genauso, wie wir sie uns vorgestellt haben (tolle
Trainingseinheiten mit guten Grip und einer Liste von Figuren, die alle
geklappt haben), manche Ereignisse laufen überhaupt nicht so, wie wir uns das
erträumt haben. Der „return of investment“ lässt dann sehr zu wünschen übrig.
Im Training kennen wir das. Figuren, die schon mal geklappt haben und genau
heute überhaupt nicht gehen wollen. Kraftlosigkeit, kein Grip. Oder wir gehen
zu einem Workshop und sind hinterher enttäuscht, weil wir nicht das bekommen
haben, was wir uns vorgestellt haben.
Die Vorstellungen leiten uns,
auch wenn wir sie uns nur selten bewusst machen. Die Wünsche und Hoffnungen –
ob realistisch oder unrealistisch - malen in unserem Vorbewusstsein ein Bild
dessen, was wir von einem Event erwarten. Werden die Erwartungen nicht erfüllt,
sind wir enttäuscht. Und nicht immer gehen wir den nächsten Schritt uns zu
fragen, ob es am Event oder an unseren Vorstellungen gelegen hat.
Sehr häufig ist es eine
Mixtur von beiden Punkten, manchmal aber auch schlicht
Verantwortungsverschiebung. Wie die Person, die in ein Restaurant mit dem Namen
„Schlachthof“ geht und sich über die mangelnde Auswahl veganer Speisen
beschwert.
Aber wir können unsere
Enttäuschungen betrachten, wir können wachsen, wir können Ehrgeiz entwickeln.
Wenn wir beispielsweise nach einem Trainings-Event nicht nur sauer sind, weil
nichts geklappt hat, sondern analysieren, woran es gelegen haben kann. Wenn man
sich einbildet, nach 5 Stunden kraftraubendem Training am Vortag am nächsten
Tag das Iron-X besonders schön und lange halten zu können, dann liegt das weder
am Trainer, noch am Studio, noch am Wetter wenn es nicht klappt.
Und so ist das auch mit
Events. Wenn man selbst nicht bereit ist, abzuschalten und sich dem Event
hinzugeben, dann kann sich ein Veranstalter mit dem besten Showprogramm noch so
ins Zeug legen, wir werden es nicht genießen können. Auf der anderen Seite sind
wir, wenn wir als Showact gebucht werden, auch nicht dafür verantwortlich, die
Stimmung eines ganzen Events „rumzureißen“.
Nettes Beiwerk
Als Poletänzer kennt man die
Anfragen, ein Event als nettes Beiwerk zu schmücken. Der Veranstalter möchte die
Gäste begeistern, ihnen eine Show bieten, die den Atem stocken lässt. Meist
möchte der Veranstalter eine Auflockerung des Abendprogramms, eine
faszinierende Show, die den Gästen Gänsehaut bereiten soll, ein nettes Beiwerk
zum eigentlichen Hauptevent. Man dürfe auch gerne Flyer auslegen, man würde ja
so auf sich aufmerksam machen können. Die Show müsse auch nicht allzu lang
sein, 30 Minuten würden vollkommen ausreichen...
Nicht selten reduzieren wir
zunächst die Zeit und sagen dann „ja“, weil wir es lieben zu tanzen, weil in
denen, die sich auf eine Bühne stellen immer eine kleine Rampensau versteckt
ist, weil wir (teilweise vielleicht sogar missionarisch) darstellen möchten,
was Pole Dance (wirklich) ist, weil wir damit eine neue Zielgruppe erreichen,
weil wir andere Gründe finden.
Prinzipiell ist es toll, dass
wir uns alle so oft so schnell breitschlagen lassen, das Event einer anderen
Person (für lau) zu pimpen. Würden wir nicht lieben, was wir tun, dann hätten
wir für derartige Anfragen nur ein müdes Lächeln übrig.
Was uns also dazu treibt, bei
Events als Showact dabei sein zu wollen, ist die Leidenschaft, mit der wir
unseren Sport betreiben (gemixt mit einer guten Portion
Selbstdarstellungsneigung).
Wenn wir erwarten, dass uns
dann die uneingeschränkte Aufmerksamkeit gilt, können wir mitunter schon
enttäuscht werden. Wenn wir erwarten, dass nach unserem Showauftritt alle Gäste
Poledance lernen wollen, auch.
Wenn wir uns freuen, dass uns
jemand auf der Bühne haben will und meint, das könnte eine Bereicherung für
sein Event sein, wenn wir vielleicht sogar das Outfit und die Musik
mitbestimmen können und uns für einen Auftritt nicht kaputt machen, dann können
wir selbst das Event genießen.
Menschen begeistern
Events sind Ereignisse, die
Menschen begeistern sollen. Das Firmenjubiläum darf hier ebenso genannt werden
wie die goldene Hochzeit der Verwandtschaft, die Taufe eines Säuglings, das
Polecamp oder ein Poledancewettkampf oder Showabend. Auf der einen Seite stehen
Menschen, die an das glauben, was sie ausrichten, die jemandem etwas bieten
wollen, die ihre eigene Begeisterung mit jemanden teilen möchten und auf der
anderen Seite stehen die Konsumenten.
Wir konsumieren Ereignisse.
Geschuldet der Überflussgesellschaft stellt aber selten die Aussicht auf ein
gutes Essen mit 3 Gängen schon allein das Highlight der letzten Monate dar.
Übertragen auf den
Polebereich können wir Parallelen zu dieser Entwicklung finden. Ein Wettkampf
jagt den nächsten, man könnte mittlerweile fast das ganze Jahr Urlaub in
diversen Polecamps machen, Workshops mit hochkarätigen Pole-Größen gibt es auch
zu Hauf an jedem Wochenende.
Man wird schon fast
gezwungen, etwas noch Ausgefalleneres zu bieten, wenn man sich im Wirrwarr der
ganzen Angebote einen bleibenden Namen machen will. Den gewählten Methoden sind
dabei fast keine Grenzen gesetzt:
· Einfach teurer machen, denn was teuer ist, ist immer
gut.
· Keine Jugendherberge für das Polecamp wählen, sondern
ein 5 Sterne Hotel.
· Beim Showauftritt die Kostüme noch ein wenig knapper
werden lassen bzw. die High Heels noch ein wenig höher.
· Die Liste der Tricks, die in einem Workshop gelehrt
werden, noch halsbrecherischer aussehen lassen...
· Höher, schneller, weiter...
Stimmungen planen
Vordergründig nachvollziehbar
und nicht selten von Erfolg gekrönt. Sich aus diesem Sog zu befreien ist nicht
leicht. Wer heute schon einmal einen „normalen“ Kindergeburtstag ausgerichtet
hat, mit Topfschlagen als Spiel und Würstchen mit Pommes zum Essen, der weiß,
was ich meine.
Wie kann man denn
garantieren, dass es den Konsumenten gefallen wird? Wie kann man sicherstellen,
dass das Event zum positiven Marketingmagnet wird? Wie stellt man sicher, dass
es im Nachgang nur gute Mundpropaganda geben wird? Wie berechnet man für sich
den „return of investment“?
Ein Event lebt von beiden
Seiten. Nur, wenn man daran denkt, wie es der anderen Seite gehen könnte, wie
sie es empfinden könnten (die Konsumenten, die Gäste, die Teilnehmer selbst,
die Showacts, alle Personen, die eben NICHT Ausrichter sind), kann man
versuchen, Stimmungen abzuschätzen.
Stimmungen planen wird nicht
funktionieren.
Everybodys Darling
Aber wir wollen es doch jedem
recht machen. Ob nun als Showact bei einer Firmenfeier, als Ausrichter eines
Polecamps, als Familie, die die Taufe ihres Nachkömmlings ausrichtet, als
Firmeninhaber, der voller Stolz mit Kunden und Mitarbeitern sein Jubiläum
feiert, als Studiobesitzer, der mit Pole-Größen Workshops organisiert oder als
Eventmanager.
Keiner soll ein schlechtes
Wort verlieren. Alle sollen sich wohl fühlen. Jeder soll sich gut betreut
fühlen, die Gäste und alle Mitwirkenden sollen fühlen und spüren, dass man
weiß, dass ein gutes Event auch an der Stimmung aller anderen festgemacht
werden wird.
Man wird es nicht schaffen.
Hierzu ein paar kleine Anekdoten vom CrazyPole Battle:
· Da fragt im Vorfeld die Reporterin einer Zeitung, ob
man den Tänzern und Tänzerinnen nicht per Saalansage mitteilen könne, dass sie
in ihrer Performance doch mal stillhalten können, weil sie sonst so schlecht Fotos
machen könne.
· Da bemängelt eine Zuschauerin, dass die Damen keine
Blumen bekommen hätten (wir hatten noch daran gedacht, aber Blumen sind nur
sehr schwer heil nach Hause zu bekommen, immerhin hatten ja doch viele
Wettkampfteilnehmer einen nicht unerheblichen Heimweg vor sich.)
· Da ist einer Person, der ergatterte Parkplatz nicht
nah genug.
· Da dauert es den Leuten zu lange, bis sie was zu essen
bekommen.
· Da mögen einige weder Bananen noch Äpfel und trinken
auch kein Wasser (mehr hatten wir für die Teilnehmer nicht kostenlos zur
Verfügung gestellt).
· u.v.m.
Große Ereignisse werfen ihre Magenschmerzen voraus
Den letzten rotierenden
Arbeitsmodus in dieser Art hatte ich, als wir das Buch „Poledance Passion“
fertigstellt haben, dann wieder vor Eröffnung meines eigenen Studios und jetzt
wieder beim Battle. Schlaf wird generell überwertet. Listen kann man nie genug
schreiben und das nächtliche Hochschrecken mit dem panikartigen Gedanken, dass
man etwas unheimlich Wichtiges vergessen hätte, wird zur Gewohnheit. Das geht
nicht lange gut und ist bestimmt auch kein gesunder Arbeitsmodus.
Und so kam, was kommen
musste: Das Lampenfieber, welches sich bei mir immer mit Übelkeit und
Magenkrämpfen bemerkbar macht, war eben schon ca. 1,5 Wochen vorher permanent
da.
Die Symbiose aus Bühne, Backstage und Publikum
Bei Events ist es immer
wichtig, dass der Veranstalter nie aus den Augen verliert, dass er zwar für den
Rahmen verantwortlich ist, aber dass die Stimmung von den Personen auf der
Bühne nicht unerheblich mitgestaltet wird, dass Backstage alles reibungslos
laufen muss und dass das Publikum eine wahnsinnig machtvolle Position hat.
Fehlt es, dann kann alles noch so gut vorbereitet sein, dann kann sich der
Veranstalter auf den Kopf stelle und mit den Füßen wackeln (okay – bei einer
Pole-Veranstaltung passiert das ja vielleicht tatsächlich), aber dann nutzt
auch die Liste Nummer 593 und die beste Vorbereitung nichts.
Once again please
Jack Welch bezeichnete sich
einmal selbst als bester Manager der Welt. Als man ihn fragte, was denn das
Wichtigste bzw. mit das Wichtigste an seinem Beruf wäre, meinte er nur:
„Standing in front of the crowds, repeating yourself over and over all the
times.“
Nun, abgesehen davon, dass
ich mich nie als Beste in irgend etwas bezeichnen würde, hat man mit einem
Event schon mal kurzfristig den Job eines Eventmanagers und ein wenig muss ich
Jack Welch schon Recht geben. Immer und immer wieder beantwortet man die
gleichen Fragen. Sogar wenn die anderen Fragesteller sich neben der Person
befinden, die gerade im Moment die absolut gleiche Frage gestellt hat und auch
beantwortet bekommen hat, heißt das noch lange nicht, dass man nicht im
nächsten Moment die gleiche Frage nochmals beantworten muss.
Geduld und Ruhe
Und es ist manchmal eine
wirkliche Geduldslehrstunde. Jeder stellt für sich die Frage ja nur einmal. Die
Aufregung führt dazu, dass man nicht mehr so gut zuhört und man hat es
vielleicht wirklich nicht mitbekommen, dass die Frage schon 3 mal beantwortet
wurde.
Ich bin – zumindest hat mir das
meine Mutter immer vorgeworfen – ein ungeduldiger Mensch. Schlechte Karten für
den Job eines Event-Managers. Geduld, Ruhe, ein Lächeln, immer für jeden da
sein. Das ist wirklich eine Herausforderung, die einen so fesselt, dass ich es
beispielsweise am Tag der Veranstaltung in 12 Stunden nicht einmal zur Toilette
geschafft habe...
Man versucht an alles zu
denken, für alle da zu sein, es jedem Recht zu machen, in dem Wissen, dass es
nicht funktionieren wird und man versucht es dennoch. Doch überall gleichzeitig
kann man nicht sein. Die Jury möchte betreut werden, die Showacts, die
Sponsoren, die VIP-Gäste (oder solche, die sich dafür halten) und natürlich die
Teilnehmer, deren Nerven ja auch schnell blank liegen.
Das geht auf keinen Fall
alleine und ein gutes Team ist unheimlich wichtig. Die Personen, die im
Hintergrund agieren, die man vielleicht auf der Bühne überhaupt nicht zu
Gesicht bekommt, die tragen ein Event immer mit.
Und das gilt für jedes Event.
Ohne Mitarbeiter und ein tolles Team könnte es kein Firmenjubiläum geben, ohne
Eltern, die vorbereiten, die Kindern zum Event fahren etc., keinen
Kindergeburtstag. Die Helfer repräsentieren das Event in einem Maße, welches
man nie unterschätzen darf.
Und dann noch die eigenen Fehler...
Es gab am Tag des Events
tatsächlich einen Moment, wo ich im Erdboden hätte versinken wollen. Klar, man
verspricht sich auf der Bühne, die Nase fängt an zu laufen, ein Hustenreiz
kitzelt, man hat das Gefühl, jetzt fliegen einem dann gleich sämtliche
Moderationskarten aus der Hand. Das ist normal, damit kann man umgehen.
Wenn man aber bei der
wohlgemeinten Danksagung, dann dem Freund der Tochter einen falschen Namen
gibt, bzw. die Personen verwechselt, auf der Bühne, mit Mikro – dann ist das
wirklich peinlich.
Denn die Familie, die die
Planung über 1 Jahr mitgetragen hat, hat die eigenen Fehler am wenigsten
verdient.
Ein Event ist ein Ereignis.
Ereignisse kann man nur zum Teil planen. Sehen wir die schönen Momente, suchen
wir nicht die Fehler an uns und anderen und lernen wir doch einfach, jeden Tag
als ein Ereignis, welches nie wiederkommen wird, zu schätzen...