Donnerstag, 27. Juni 2019

Kommentieren oder Erklären?

Trainingspartnerschaften mit Frust


Vor Jahren habe ich mit einer damals bei mir tätigen Trainerin ab und an trainiert. Es war der Versuch miteinander zu trainieren und voneinander zu lernen. Meine Trainingspartnerin hatte beeindruckende Fähigkeiten und meisterte einige Figuren, die ich auch gerne hätten können wollen, mit scheinbarer Leichtigkeit. Ich habe ihr bewundernd zugesehen und sie dann gefragt, wie sie die Figur/ den Trick den "mache"? Ihre Antwort war immer gleich: "Na so halt" - gefolgt von einer nochmaligen Vorführung des Tricks. 

Anfangs versuchte ich noch, einfach nur besser hinzusehen, vielleicht würden mir meine Augen dann einen neuen Blickwinkel ermöglichen. Nach der stoischen Wiederholung des Procederes auf beiden Seiten bemerkte ich, wie sich die Emotion der aufkeimenden Enttäuschung langsam den Weg aus den tiefen meiner Magengrube hoch in mein Bewusstsein erbat.

So wurde das nichts. Umgekehrt schon. Mag abgehoben und arrogant klingen, aber was meinen persönlichen egozentrischen Frust noch steigerte, war die Tatsache, dass ich ihr sehr wohl Tricks erklären konnte, die ich selbst nicht in der Lage war zu meistern, wohl aber verstanden hatte, was theoretisch (und praktisch, wenn man es denn konnte) zu tun war, um in diese Figur zu gelangen.
Und es funktionierte. 


Lerntypen


Jeder, der in irgendeiner Weise als Trainer/in tätig ist, kennt (eigentlich) die unterschiedlichen Lerntypen und die Notwendigkeit auf diese  - sofern möglich - spezifisch einzugehen. Der eine möchte es noch einmal sehen, der nächste muss sich selbst kommentieren und wieder eine andere Person benötigt Metaphern. Wichtig ist auf jeden Fall die Kommunikation. Reines Abschauen funktioniert nur bedingt.

Kommentieren oder Erklären


In den Trainerausbildungen sieht man es oft: Die Notwendigkeit der Kommunikation wird mit der einfachen Lösung des Kommentierens verwechselt. Zu beschreiben, was man gerade tut ist ein guter Anfang, denn es fängt den auditiven Lerntyp ein, aber es ist eben nur ein Anfang.
"Ich gehe in den Helicopter" - "Ich ziehe mich im Klimmzug hoch" - "Ich achte auf meine Rumpfstabilität." - das alles sind Sätze, die richtig sind, die aber nur kommentieren, nicht erklären.
Eine Aufforderung den "Helicopter" einzunehmen, setzt voraus, dass die Person am anderen Ende der Leitung weiß, was damit gemeint ist. Das kann gut möglich sein, wenn man weiß, dass dies im Kompetenzportfolio der anderen Person liegt oder man es gemeinsam gelernt  und gelehrt hat. Aber es ist nur ein Kommentieren. Irgendwann sollte beim Unterrichten bei speziellen Dingen, die vorausgesetzt werden können, das Kommentieren reichen ("Nehmt die Grundhaltung ein." - "Basic Grip" - "Strong Hold Grip"), vorher muss es ein Trainer aber erklären (können).

Was passiert genau? Welche Muskelgruppen müssen in welcher Art und Weise und Reihenfolge angesprochen werden? Was passiert, wenn das nicht der Fall ist? Wie kann man lernen, die richtige Körperpartie anzusprechen? Für all diese Fragen sollte ein Trainer Antworten bereithalten.


Jede Kleinigkeit beachten


Je instinktiver man etwas tut, umso schwerer wird es, sich (wieder) bewusst zu machen, was man eigentlich tut. Häufig ist dann auch zu beobachten, dass Personen sehr wohl in der Lage sind etwas besonders gut und sauber auszuführen, ihnen aber selbst nicht bewusst ist, was sie eigentlich tun.
Ist auch keine einfache Aufgabe: Versucht doch mal zu beschreiben, was in Eurem Körper passiert, wenn ihr geht, oder Euch von einem Stuhl erhebt. Nein. Ein "Ich stehe auf"  ist das oben erwähnte Kommentieren, hier sind Erklärungen gefragt!


Nicht alles kann gesehen werden


Wenn ein Trainer 150% zeigt, kann er oder sie davon ausgehen, dass vielleicht 50-80% gesehen werden. Das ist normal und hat noch nichts mit mangelnder Aufmerksamtkeit der teilnehmenden Personen zu tun. Oftmals kommt dazu, dass das, was wir sehen, uns trügt. Machen wir es am Beispiel des Stangenkletterns fest. Eine Disziplin bei welcher ich zu Schulzeiten kläglich versagte. Immer und immer wieder. "Klettert rauf" - "Festhalten und die Fußsohlen gegen die Stange drücken, dann hochziehen." - Das war die ganze Erklärung, die man bekam.
Wenn man hinguckt, sieht man, dass sich die Arme verändern, dass man an die Stange greift und dass die Füße an der Stange sind (beim schulischen Stangenklettern). Also geht man davon aus, dass die Kraft aus den Armen und den Füßen kommen soll. Sind dort nicht genug Reserven vorhanden, scheitert man kläglich. Hände, Arme und Füße sind Beiwerk. Die Kraft kommt aus dem Rücken, aus dem Bauch und aus den Schultern. Erst wenn man erklärt bekommt, wie man dort die Muskulatur ansprechen und benutzen kann, funktioniert es.

Warum und wie sind also die besseren Ausgangspunkte für gute Erklärungen als so halt.

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